WEGWEISER
Seit über einem Jahr gönne ich mir nun schon das Greenpeace-Magazin, ein Heft, das man unabhängig von einer Mitgliedschaft im Abo bestellen kann. Es kommt nicht zu oft, aber auch nicht zu selten. Immer so, dass man denkt: Ach, da isses ja.
Ich lerne meist ’ne Menge dazu. Ich wusste bisher zum Beispiel nicht, dass es südlich der Sahara je 1000 Lebendgeburten immer noch 76 Totgeburten gibt (in Europa liegt die Zahl bei 5), dass 30 Prozent der Kinder in der Welt keinen Zugang zu sanitären Anlagen haben, dass die Spielzeughersteller weltweit 12 Milliarden Euro mehr einnehmen als noch 2015 (aktuell 80 Milliarden Euro). Oder auch, dass gelbe Säcke auf illegalen Mülldeponien in Polen enden.
Es gibt aber nicht nur „bad stories“. So wird im aktuellen Heft eine Schule in Baden-Württemberg vorgestellt, die das Fach „Leben“ lehrt. Zwei Stunden pro Woche geht es dort um Mut, Verantwortung und Engagement. Ein paar Seiten weiter geht es um Kinder in der Welt, die von ihren Träumen reden. Beeindruckend, was man da liest.
Eine Rubrik, die ich an dieser Stelle besonders hervorheben will, heißt „Menschen, die uns voranbringen“. In jedem Heft werden dort vier Menschen vorgestellt, die Dinge tun, die für andere wertvoll, nützlich, sinnstiftend, inspirierend sind. Positive Porträts, die zeigen: Es gibt sie in unserem Land, in unserer Gesellschaft, die Menschen, die tolle Ideen haben, die Verantwortung übernehmen, denen es nicht egal ist, wie die Dinge laufen. Sie agieren und das nicht als Ausnahme, sondern sie tun das, was sie antreibt dauerhaft und damit werden sie zu Menschen, die andere Menschen „voranbringen“.
Sie sind völlig divers. Da wäre der 78-jährige Jura-Professor, der eine „Umweltrechtsklinik“ ins Leben rief, bei der man sich mit seinen Fragen an eine ehrenamtliche Rechtsberatung wenden kann. Oder der 21-jährige Neu-Unternehmer, der eine Plattform gründet, bei der man mit wenigen Klicks Fernreisen quer durch die Welt per Zug buchen kann, damit Reisen langsamer wird und die Umwelt geschont wird.
Es tut gut, solche Geschichten zu lesen.
„Menschen, die uns voranbringen.“
Eine schöne Überschrift, die mir nicht aus dem Kopf geht. Und ich frage mich sofort, ja, was ist denn mit mir? Tue ich Dinge, die andere Menschen voranbringt?
Ich merke, dass die Fragestellung alleine schon wertvolle Gedanken bringt. Wer hat etwas von dem, was ich tue? Welchen universellen Wert erfülle ich mit meiner Arbeit, meinem Tun? Wenn ich einem Abteilungsleiter dazu verhelfe, wie er besser die Umsatzziele seines Teams erfüllt, dann bringt es uns Menschen wahrscheinlich im übergeordneten Sinne nicht voran, auch wenn mir und ihm die Sache Spaß macht. Wenn ich aber die Selbstliebe des gleichen Abteilungsleiters stärke, so dass er mit seinen Mitarbeitern empathischer und ausgeglichener umgehen kann, liegt der Fall schon wieder anders. Es geht also um die tieferliegenden Werte unseres Tuns, die Vision, die als Motor fungiert.
Ich dachte mir, es wäre eine schöne Frage für jeden von uns: Was kann ich tun, damit ich andere in diesem Sinne voranbringe? Oftmals liegt der erste Schritt gar nicht so weit weg von dem, was man gerade tut. Es liegt nur an der Entdeckung einer neuen Möglichkeit, das eigene Wissen, die eigene Fähigkeit für eine neue Vision zu nutzen. Wir können mehr Wegweiser sein als wir denken!
Das wäre doch für uns alle ein tolles Vorhaben für 2022: Dinge zu tun, die für andere Menschen wertvoll und inspirierend sind. Damit jeder von uns zu einem Menschen wird, der „uns“ voranbringt.
In diesem Sinne, ein wunderschönes neues Jahr, sagt ein nachdenklicher Mounir.ösung finden können, sagt ein nachdenklicher Mounir.