Tuesday Post 30 Juli 2019
Doch viele Menschen wandeln dieses Gefühl von Traurigkeit und Machtlosigkeit in Wut um. Und so bahnt sich gestern mit der Nachricht des schrecklichen Vorfalls eine Lawine von Drohungen, Hass und menschenverachtenden Forderungen durchs Netz. Auch von einigen so genannten „Facebook-Freunden“. Ich lese, dass auch Merkel jetzt „dran glauben“ müsse, dass „Ausländer nicht zu uns“ gehörten, dass die „Gutmenschen“ das Land ins Verderben stürzen, etc. Menschen wollen den Mord von Frankfurt nutzen, um unsere Gesellschaft zu spalten.
Vor vier Wochen habe ich in einem Heidelberger Hotel einen Mann aus Eritrea an der Rezeption kennengelernt. Wir verstanden uns auf Anhieb, weil er kluge Ansichten über das Weltgeschehen hatte. Ich fragte, ob wir uns auf Facebook connecten und er war einverstanden.
Wenn jetzt Leute Dinge über Menschen aus Eritrea verbreiten, dann will ich nur fragen: Wer ist der eigentliche Eriträer: Der Mörder von Frankfurt oder der Rezeptionist aus Heidelberg? Wen wollen wir nun durch die Straßen zurück nach Hause hetzen, so wie es viele fordern? Nationalität sagt doch nichts über das Wesen eines Menschen aus. Auch wenn es in diesem Moment schwerfällt, wir müssen es aushalten, dass Menschen in der Lage sind, schlimmste Verbrechen zu begehen – und das egal aus welchem Land sie kommen, welche Hautfarbe sie haben. In den USA schießt ein weißer US-Amerikaner in diesen Tagen auf Menschen, in Holland fährt ein weißer Holländer 2017 in eine Menschenmenge und tötet, in Münster ist es 2018 auch ein heimischer Deutscher, der zwei Menschen mit dem Auto umbringt. Es gibt deshalb Täter, die bestraft gehören und keine Volksgruppe, die nun durch unsere Straßen gejagt werden soll.
Ich würde mir wünschen, dass wir aufhören, Täter nach Hautfarbe und Nationalität zu unterteilen und vor allem in den ersten Stunden nach einem Mord wie diesen mit dem Opfer gedenken. Die Familie braucht jetzt Anteilnahme, Unterstützung und keinen Hass auf Mitmenschen, die so wie ich und Du, sich nichts haben zuschulden kommen lassen, sagt ein immer noch trauriger und nachdenklicher Mounir.