Tuesday Post 25 Juni 2019

von | Jun 25, 2019

Vielleicht ist es ja jetzt ein Fehler, das zu schreiben, was ich schreiben will. Denn indem ich eine Sache, die ich für selbstverständlich halte, betone und hervorhebe, nehme ich ihr auch die Selbstverständlichkeit und mach sie eben wieder zu etwas, worauf es hinzuweisen gilt. Das ist eigentlich schade. Denn, dass Frauenfußball verdammt spannend, hochklassig und sehenswert sein kann, ist keine revolutionäre Erkenntnis. Und doch gibt es leider noch ganz viele männliche Fußballfans, die in einer Art und Weise darüber reden, dass man sie am liebsten in das 19. Jahrhundert verfrachten würde, weil sie da mit ihrer Haltung wunderbar hinpassen würden.

Am Sonntagabend ging es auf Mitternacht zu und ich war wirklich verdammt müde. Aber ich konnte mich nicht von meinem Platz vor dem TV lösen. Im Achtelfinale der Frauen-Fußball-WM spielte Frankreich gegen Brasilien und wie sich diese beiden Teams 120 Minuten beharkten, bekämpften und bespielten hatte schon fast epischen Charakter. Es ging hin und her; wie bei einem Boxkampf setzten sich die Spielerinnen zu. Alle gaben alles, und die Zuschauer in Le Havre machten gerade zum Ende hin aus dem Stadion ein akustisches Tollhaus. Man sah tolle Dribblings wie von der Brasilianerin Debinha oder der Französin Le Sommer, majestätische Abwehraktionen von Renard, Mbock Bathy oder Kathellen, strategische Glanzstücke von Persönlichkeiten wie Henry oder Thaisa. Die erste Halbzeit hatte ich leider verpasst, weil ich der deutschen U-21 gegen Österreich zugesehen hatte.

Als ich gestern dem einstigen Nationalspieler und zweimaligen Deutschen Meister vom FC Köln, Karl-Heinz Thielen, sagte, dass ich zur Pause umschaltete, schaute er mich spitzbübisch an und sagte, beinahe in einem Flüsterton: „Stellen Sie sich vor, ich auch… und das war zehnmal besser als das, was die Männer zeigten“.

Normalität wäre da, wenn man solche Dinge nicht mehr erzählen müsste. Das sehe ich ein. Und dennoch: Die besten Fußballfrauen der Welt veranstalten in Frankreich gerade ein absolutes Spektakel und ich freue mich schon auf das deutsche Viertelfinale gegen Schweden am Samstag, sagt heute ein nicht ganz so nachdenklicher Mounir.