Tuesday Post 25 Februar 2020

von | Feb 25, 2020

Den lieben langen Tag hört man, was einem alles noch fehlt, was nicht gut ist, wie groß die Probleme sind, wie schwer die Fehler. Warum ist das nur so? Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir eine Gesellschaft von Ich-Festplatten sind, die sich ständig und immer einer Systemüberprüfung unterziehen müssen, um sich ja der Existenz ihrer fehlerhaften Dateien zu versichern.

Lässt es sich mit dem Blick auf die Defizite besser leben? Natürlich nicht. Beschäftige dich eine Stunde mit deinen drei größten Fehlern oder mit deinen drei größten Tugenden. Du wirst erleben, wie unterschiedlich du dich danach fühlen wirst.

Als Kind erleben wir ja im Normalfall, was lösungsorientiertes Agieren ausmacht. Kein Kind, das gerade zu stehen lernt, bekommt zu hören, wie blöd es ist, fünfmal hinzufallen, sondern wie toll es ist, dass es einmal steht. Nicht die Frage, warum bist du so oft hingefallen steht im Vordergrund, sondern die Fragestellung, was brauchst du, um noch öfters zu stehen? Ich bin ein großer Fan dieser Herangehensweise. Statt fehlerhaftes Verhalten zu suchen und ins Zentrum zu stellen, kann man ja auch schauen, wann Dinge schon mal gut funktioniert haben, was dabei anders war wie sonst und was es braucht, um diese Situationen häufiger zu erleben.

Das ist im privaten als auch im beruflichen Kontext ganz hilfreich. Vielleicht habt Ihr auch schon mal in einem Workshop gesessen. Es geht dann ja um ein bestimmtes Thema, wie z.B. die Verbesserung des Arbeitsklimas, und man beschäftigt sich viel mit dem, was gerade nicht gut ist. Man hört dann von dem, was falsch läuft, was man noch nicht weiß und noch nicht gelernt hat. Das erschlägt einen oftmals. Den Vortragenden als auch den Zuhörenden.

Anders fühlt es sich an, wenn Fragen wie: Was wollt Ihr eigentlich lernen? Was könnt Ihr denn schon in dem Bereich? Was lief bislang gut?, relativ am Anfang stehen. So erfährt man schnell, welche Kompetenzen bereits vorliegen. Viele Voraussetzungen für ein besseres Tun sind oft schon vorhanden. Wird man sich dessen bewusst entwickeln sich andere Perspektiven, vor allem eine andere Energie und Herangehensweise.

Die Beteiligten sollten öfter im Mittelpunkt stehen. Keine Theorien und Leitfäden. Ausgehend von ihren Bedürfnissen und Erfahrungen sind die Wege für eine bessere Praxis viel kürzer und leichter. Es gilt dabei das Juwel zu finden. Denn egal, wie schlecht alles läuft, wie beschwerlich sich der Alltag anfühlt, es gibt eigentlich immer eine Perle, die es zu entdecken gilt. Im Privaten wie Beruflichen. Was lief dennoch gut? Wann hatte man ein tolles Gefühl und wieso? Manchmal fühlt sich dieser Weg mühsam an, so wie bei einem Perlenfischer, der 30 Meter ohne Hilfsmittel nach unten taucht, um das Schmuckstück in der Muschel zu finden.

Doch es lohnt sich. Denn die kleinen Erfolge im Alltag, auf die man stolz ist, wo Dinge wunderbar funktioniert haben, sind die eigentlichen Wegweiser. Und es macht umso mehr Spaß, ausgehend von diesen Erfolgen, sich einem Thema zu nähern. Das nennt man dann lösungsorientiertes Arbeiten. Es bedeutet eine Orientierung hin zum Menschen. Man schwadroniert nicht über Theoretisches, sondern nimmt die Menschen als Ausgangspunkt für ihre neuen Wege.

Nicht fragen, warum man unzufrieden ist, sondern schauen, wann man zufrieden war und was den Ausschlag dafür gab: Das fördert Ressourcen, Energien und bessere Ergebnisse. Der Blick auf das Positive lässt schneller lernen und macht einfach viel mehr Spaß. Findet Eure Perlen, denn die Lösung liegt in der Lösung und nicht im Problem, sagt ein nachdenklicher Mounir.