Tuesday Post 21 Jan 2020
Die Vielfältigkeit der Ansichten ist allerdings wichtig und gut. Und doch: Jenseits der Inhalte spüren wir bei vielen Aktivisten, Politikern, Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten grundsätzlich, dass ihr Antrieb ein menschenfreundlicher, ein humanistischer ist. Auch wenn man vielleicht nicht immer bei der Umsetzung oder den Zielen einer Meinung ist, sehen wir, dass da eine oder einer ist, dem es um grundsätzliche Werte geht, um eine Verbesserung der Welt vor allem für die, die es nicht so guthaben.
Ja, da machen sich Menschen Gedanken für das Allgemeinwohl, ohne Hass, ohne Bösartigkeit, sondern weil sie an eine Verbesserung der Welt glauben. Es gibt viele Beispiele: Greta Thunberg, junge Umweltaktivistin, macht sich Sorgen um den Planeten, Peter Feldmann, OB in Frankfurt, denkt an die vielen mittellosen Familien, Al Gore will die Klimakrise eindämmen, Jeremy Corbyn, der englische Labourchef, wollte eine Politik machen, die vor allem den ärmsten im Lande zugutekommt.
Man kann ja darüber denken, was man will, aber das alles sind erst einmal keine Dinge, wofür man sich schämen muss. Aber ich weiß nicht, wie es euch geht: Wenn ich sehe, wie diese Personen im öffentlichen Diskurs angegangen werden, bin ich erschrocken. Die Wucht der Kritik, die aus einer Ecke dieser Gesellschaft kommt, steht in keinem Verhältnis zu dem, wofür diese Menschen eigentlich eintreten.
Und immer öfter habe ich den Eindruck, dass die wahren Schurken, Gauner und Ganoven, die, die sich einen Dreck um das Allgemeinwohl, den Planeten, die Mitmenschen und die Gemeinschaft kümmern, viel besser wegkommen. Frei nach dem Motto: „Ist der Ruf mal ruiniert lässt es sich leben ganz ungeniert.“
Es ist mittlerweile so weit gekommen, dass der Begriff „Gutmensch“ für viele kaum noch eine positive Konnotation hat. Das muss man sich mal vorstellen! Dabei müsste die Bezeichnung eigentlich ein Kompliment sein, eine Ehrbezeichnung. Doch so viele Menschen arbeiten sich mittlerweile nur noch an jenen ab, die es besser machen wollen, die für menschliche Grundwerte einstehen.
Bei all der Wut, die Thunberg, Feldmann und Co. aktuell entgegenschlägt denke ich mir: ja und was ist mit denen, die auf der anderen Seite stehen? Wäre es nicht besser, wenigstens die Hälfte seiner Energie für jene zu verwenden, die der Menschheit von vornherein eher schaden wollen?
Warum ist das nur so? Ich denke, dass es um zwei Dinge geht: Zum Ersten tun wir Menschen uns sehr schwer mit Veränderungen, die mit Einschnitten verbunden sind. Wir verlassen eben nicht gerne unsere Komfortzone, egal, wem das dann zugutekommt. Veränderung halten wir nur sehr schwer aus. Sie macht uns Angst, weil wir nicht wissen, was kommt. Also bekämpft man die, die Veränderung anstreben. Alles soll so bleiben wie es ist. Mir geht es ja gut. Egal, wie es in der Welt da draußen aussieht.
Zum Zweiten kommen wir Menschen nur sehr schwer klar damit, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen, der uns bloßstellt. Sich einzugestehen, egoistisch, materiell und reaktionär zu sein, fühlt sich nicht gut an. Also werden besonders die angegangen, die für dieses Gefühl verantwortlich sind. Menschen, die einen Weg gehen, der mit leuchtenden Werten verbunden ist, provozieren die unausgesprochene Frage: Ja, warum machst du das denn nicht? Keine so gute Frage, also geht man lieber ins Bekämpfen statt ins Reflektieren.
Greta Thunberg wird einmal im Flugzeug gesehen? Die Folge ist ein weltweiter Holzhammer, der auf sie niedergeht. Man ist sich einig: Siehste, die ist auch nicht besser wie wir. Was kümmern da noch die Kohlekraftwerke, die für einen Großteil des weltweiten Ausstoßes von klimaschädlichen CO2 verantwortlich sind. Da wird doch lieber das schwedische Gör angegangen. Steht das noch in einem Verhältnis?
Lasst uns also schauen, was uns bei bestimmten Diskussionen eigentlich antriggert und uns über die eigenen Gefühle im Klaren werden. Ängste gegenüber Neuerungen sind nichts Schlimmes. Sie zu äußern führt zu einem echten Kontakt und Gespräch. Konträre Meinungen und Gedanken gehören in unsere Welt, die vernichtende Aggressivität für Menschen, die Werte besitzen und leben wollen, dagegen nicht, sagt ein nachdenklicher Mounir.