Tuesday Post 09 Juli 2019

von | Jul 9, 2019

Am vergangenen Wochenende fuhr ich aus Münster zurück nach Frankfurt. Das Radio lief. Jede Stunde vermeldete die Nachrichtensprecherin eine Nachricht die ich nicht so recht verstand. Ich hörte immer wieder von neuem zu. Es ging darum, dass ein Außenminister aus der EU der Meinung war, dass man die im Mittelmeer um ihr Leben kämpfenden Flüchtlinge retten solle. Ich konnte es zunächst nicht glauben. So weit ist es also gekommen? Dass wir bereit sind, Menschen nicht elendig verrecken zu lassen, das ist also mittlerweile eine Meldung wert? In welcher Welt leben wir eigentlich, dass wir verschiedene Meinungen darüber haben, ob wir Menschen in Not helfen oder nicht?

Vor unserer Haustür krepiert die Welt und wir sagen uns einfach: Nicht unser Problem? Drehen die Musik im kuscheligen Wohnzimmer vor dem 4-D-Plasma-TV mit 180 Zentimeter Bildfläche an der Wand so auf, dass wir die Schreie draußen nicht hören müssen? Und reden dann darüber, welches 1000-Euro-Handy unsere Kinder zum nächsten Geburtstag bekommen oder welchen Junggesellenabschied wir in welcher europäischen Stadt am nächsten Wochenende verbringen werden? Gibt es tatsächlich zwei Meinungen darüber, ob einem Menschen, der vor unseren Augen zu sterben droht, die Hand gereicht wird oder nicht?

Ich will hier gar keinen politischen Artikel in die Welt schicken, ich will nichts hören über Seerettungsgesetze, Beteiligung von Schlepperbanden oder irgendwasanderes. Für mich gibt es an diesem Punkt kein „JA aber“. Menschlichkeit kennt kein „Vielleicht“. Da gibt es nur ein Ja oder Nein. Und wer sich in einer solchen Frage zum „Nein“ bekennt, der braucht auch nicht zum nächsten Weihnachtsfest mit seiner Familie den Baum aufstellen und mit Tränen in der Kirche stehen, um den barmherzigen Geschichten zu lauschen. Denn es geht ums eigene Handeln, wenn es drauf ankommt und ungemütlich werden könnte. Werte müssen mit Taten unterstützt werden.

In den Achtzigern gab es einen Science-Fiction-Film, in denen es zwei Welten gab. Die eine, reich, voller Wohlstand hatte eine gigantische Mauer gebaut, um sich gegen so genannte „Untermenschen“ abzuschirmen. In dieser anderen Welt gab es nichts Warmes, nichts Gutes. Essen war Mangelware und diese Armut führte zu Mord und Totschlag. Wenn Menschen aber in die „Oberwelt“ wollten und es über die Mauer wagten, starben sie elendig dabei. Und keiner nahm Notiz davon.

Ich dachte damals „krass“ und hätte nie gedacht, dass dieser Zustand im Jahr 2019 bei uns ein Stück weit Realität geworden ist. Vielleicht gibt den einen oder anderen, der sagen wird, wie naiv. Ja, vielleicht bin ich zu naiv, um all die notwendigen Zusammenhänge zu verstehen, die von allen Seiten heruntergebetet werden. Aber dazu stehe ich, denn welche Werte geben wir denn weiter, wenn wir nicht da helfen, wo wir als Menschen gefordert sind? Mensch-Sein oder Nicht-Sein, das ist hier die Frage, denkt deshalb ein nachdenklicher Mounir.