Tuesday Post 02 Juli 2019

von | Jul 2, 2019

Stell dir mal vor, du würdest einen Außerirdischen treffen, So einen, der nett ist und dazu deine Sprache spricht. Er erzählt dir also vom Leben auf dem anderen Stern und du erfährst, dass er unsterblich ist. Wow. Völlig andere Perspektive.

Du stellst dir jenes Leben also vor. Eines, in dem es kein Ende gibt, sich die Dinge und Herausforderungen stetig wiederholen, eines, wo besondere Erlebnisse eine grundsätzliche Profanität erfahren, weil sie keine Einzigartigkeit besitzen. Du kriegst eine Ahnung davon, dass erst die Begrenzung deines Lebens es zu etwas ganz Besonderem macht. Du erzählst also dem Außerirdischen davon, wie wenig Jahre hier auf der Erde bleiben, um sich zu verwirklichen. Dass die Zeit heruntertickt und man nie weiß, wann der Gong schlägt.

Der Außerirdische kann es kaum glauben.
„Was! Du hast also nur diese eine Gelegenheit? Darfst nur einmal ausprobieren, was es heißt zu leben?“ Er ist ganz aufgeregt. „Du fühlst also echte Angst, wenn es gefährlich wird, weil du ja nur dieses eine Leben hast? Das heißt ja, du hast auch nur eine gewisse Zeit, besondere Momente mit anderen Menschen zu teilen. Und bist tief traurig, wenn ein Mensch plötzlich nicht mehr da ist?“
Der Außerirdische ist fix und fertig. „Das heißt ja… das heißt ja., dass du alles dran setzen musst, alles zu erleben, alles zu wagen, nichts zu verpassen, denn die Zeit rast ja und du weißt nie, wann es zu Ende ist. Ist das so?“
Du nickst. Ja. Genauso ist es.
„Boah“, redet das Wesen vom anderen Stern weiter.
„Das muss ja eine irre Geschichte bei euch sein. Die Menschen wissen also, dass sie in jedem Moment sterben können und sie im besten Fall nur eine bestimmte Anzahl von Jahren haben, um Dinge zu erleben. Das bedeutet, dass sie alles tun, um ihre Träume zu verwirklichen. Wenn es ihnen also schlecht geht in einer Lebenssituation, versuchen sie diesen Zustand sofort zu ändern, mutmaße ich deshalb. Sie geben sich mit nichts mehr zufrieden. Sie wollen immer alles vom Leben. Stimmt’s? Denn es gibt keine Auszeit vom Leben wie bei uns, dass man sich mal wie bei Eurem Eishockey für eine gewisse Zeit auf die Bank setzt, um sich dann wieder ins Leben zu stürzen. Denn die Zeit läuft ja ab und das würde bedeuten, Lebenszeit zu verschenken. Habe ich Recht?“
Du hörst dem Außerirdischen zu und schüttelst den Kopf. „
„Nein. Das Gegenteil ist der Fall.
„Ja, aber. Das muss ihnen doch einer sagen“, entgegnet der Besucher.
„Einer muss sie aufrütteln, damit sie am Ende ihres Lebens nicht bedauern, Dinge nicht getan zu haben!“
„Tja, das wollen sie oft nicht hören“, sagst du dann.
„Die allermeisten hier leben so, als gäbe es kein Ende. Aber sie haben Angst vor Veränderungen, weil man ihnen von schlimmen Folgen erzählt, wenn sie Dinge anders machen wollen.“
„Das kann doch nicht sein. Ihr habt doch nur das eine Leben und probiert nicht alles aus? Das verstehe ich nicht.“
„Na ja, wir beschäftigen uns dann so, dass wir das nicht merken.“
„Hä?“
„Na ja, wir lenken uns ab. Arbeit, Feiern, Urlaube, Konsum, Sex, Drogen.“
„Aber spätestens, wenn einer stirbt, einen die Kündigung trifft oder man schwerkrank wird, spätestens dann merkt man doch, dass man handeln muss bevor es zu spät ist.“
„Eigentlich schon.“
„Aber die Menschen leben dann einfach so weiter als ob sie noch hunderte von Jahren hätten?
„Ja.“
„Verstehe ich nicht. Ihr Menschen seid komisch“, sagt der Außerirdische. „So stark und schwach zugleich.“
Du nickst und denkst, ja, das stimmt. Es ist die schöne und traurige Wahrheit über uns, Aber am Ende hat jeder die Wahl, sagt ein nachdenklicher Mounir.