MENSCH ANGELA
Deutschland steht so gut da wie nur wenige andere Länder in Europa. Manche sehen das, manche nicht. Angela Merkel hat ihren Teil dazu beigetragen. Seit März macht sie einen Job, um den sie einige andere Staatschefs beneiden. Sie kümmert sich, sie erklärt, sie moderiert. Ohne Getöse, ohne alphatierische Anwandlungen. Das mag ich. Merkel wirkt wie eine Präsidentin, fern jeder Parteiencouleur. Sie schwebt über den Dingen, legt sich nicht sofort fest, hat alles im Blick. Das kann in der Alltagspolitik oftmals nerven und falsch sein. Aktuell tut das gut. Unser Land hat eine Frau an der Spitze, die das Geschehen wie eine echte Staatsfrau lenkt. Die aber auch keinen ausgefeilten Lösungsplan in der Schublade hat. Und dennoch: Sie ist weiter mit Abstand die beliebteste Politikerin. 64 Prozent aller Deutschen befürworten zudem die aktuellen Maßnahmen. Eine Bundestagswahl würde die CDU mit über 20 Prozent Vorsprung vor der SPD gewinnen. Ich weiß nicht, ob ich das gut fände, aber eine Mehrheit vertraut ihr.
Im März hielt sie eine Rede an die Deutschen, die historisch genannt werden kann, weil in ihr alles steckte, was verunsicherte Menschen brauchen: Empathie, Ehrlichkeit, Entschlossenheit. Nun appelliert sie erneut an die Bevölkerung, will sie mit ins Boot nehmen. Sie will keine Kanzlerin sein, die von Verordnungen lebt; sie setzte von Anfang an auf den Kooperationswillen aller Deutschen, auf ihr Verständnis. Sie setzte auch auf die Eigenverantwortlichkeit der Länderchefs. Dass deren Alleingänge sie verdrießen, ist kein Geheimnis, aber sie weiß auch um die großen Vorteile des Föderalismus und vor allem auch um die Selbstdarstellungsreflexe mancher Ministerpräsidenten. Also versucht sie mit ihren Mitteln, die Länder auf einen Kurs zu bekommen. Zu hart, zu weich? Hinterher ist man immer schlauer. Ich bin froh, dass eine Frau, diese Frau derzeit die Dinge vorgibt.
Was das alles mit ihr macht, weiß ich nicht. Wie geht die mächtigste Frau des Landes an Tagen wie diesen wohl ins Bett? Sagt sie sich, oh, dem Laschet habe ich heute bei der Tel-Ko schön einen mitgegeben? Denkt sie an Thomas Oppermann, den SPD-Politiker, der einfach tot umgefallen ist? Zweifelt sie kurz vor dem Einnicken daran, ob sie alles richtig macht? Hält sie Händchen mit ihrem Mann, wenn sie das Licht ausmacht? Wacht sie nachts auf, weil sie schlecht träumt? Vielleicht ist es das, was ich heute mal loswerden will: Angela Merkel ist ein Mensch wie wir alle und sie versucht gerade ihr Bestes zu geben. Und sie hat einen Job, um den ich sie nicht beneide, sagt ein nachdenklicher Mounir.
Mein lieber Mounir
ich finde es lobenswert, dass Du so mitfühlend an „Mutti“ denkst; bei mir würden da zuerst die zentausende Künstler im Kopfkino auftauchen, welche am Rande der Existenz angekommen sind, unsere Bewahrer der Kultur, die Seele eines Volkes, dann die hundertausende Inhaber kleiner Bars, Restaurants, Hotels und anderer Kleinbetriebe, welche hart am Rande der Insolvenz entlangschrammen, weil Mutti sich dazu entschlossen hat, grosse Teile der Wirtschaft gandenlos an die Wand zu fahren, ich würde an Kinder denken, denen Erwachsene mit Maske Ängste einflössen, an Bedienungs-Personal, Coiffeure und überhaupt grosse Teile der Bevölkerung, welche leiden unter dem zweifelhaften Maskenzwang, der ihnen den Atem, den Ausdruck und die Mimik verbietet, als wären sie ungehorsame Kinder. Sei mir nicht böse lieber Mounir, aber bevor ich mich mit Mutti beschäftigen würde, hätte ich grosses Mitgefühl mit allen, welche unter diesen völlig zweifelhaften und kompetent kritisierten Massnahmen von Mutti fast zusammenbrechen – moralisch, physisch und psychisch. Wie gesagt, ist nur eine Meinung und die Gedanken waren mal frei. Ich vertraue darauf, dass dies zwischen uns auch weiterhin Bestand haben wird und sende liebe Grüsse. Charly